Es war eine von Klimaschϋtzern lang ersehnte Rede. Die Weichen hatte Präsident Obama bereits bei seiner Antrittsrede im Januar gestellt, in der er den Klimaschutz als Priorität seiner zweiten Amtszeit skizzierte. „You’re going to like what you hear“ hatten Obamas Energieberater in den Tagen vor der großen Rede aus dem Weißen Haus verlauten lassen. Die Umwelt-Community hatte sogar mit der Ankündigung von konkreten CO2- Regulierungsmaßnahmen des gesamten amerikanischen Kraftwerkparks gerechnet. Obwohl die erste Rede zur Lage der Nation in der zweiten Amtszeit eines US-Präsidenten immer die ambitionierteste ist, kam es soweit dann doch nicht.
Trotzdem war die Rede für amerikanische Klima- und Energiepolitik bedeutend. Obama nutzt das politische Momentum im Nachgang der Verwüstungen durch Jahrhundertsturm Sandy und der schlimmsten Dürre seit über 50 Jahren, um den Klimawandel als nationales Sicherheitsdilemma darzustellen. Er spricht das Thema bereits an zweiter Stelle nach der umstrittenen Steuerreform und noch vor seinen anderen innenpolitischen Prioritäten, wie die Verschärfung der Waffengesetze und die Einwanderungsreform, an. Er verkündet, er wolle die Energieeffizienz in Gebäuden in den nächsten zwanzig Jahren verdoppeln. Außerdem will er mit einem Teil der Einnahmen der Öl- und Gasindustrie einen Energy Security Trust ins Leben rufen, der den Übergang in einen Transportsektor, der nicht mehr vom Öl abhängig ist, erleichtern soll.
Enttäuschend kam dann allerdings Obamas klare Position für – und nicht gegen – das Fracking.Manch hoffnungsvoller Umweltschützer hatte vor der Rede immerhin mit verschärften Regulierungen der Schiefergasbohrungen durch Obamas Umweltbehörde EPA gerechnet. Stattdessen stützt sich der Präsident weiter auf seine Wahlkampfaussage All of the Above, um die amerikanische Energieunabhängigkeit durch einen abgewogenen Energiemix sicherzustellen.
Wie sieht also der Ausblick aus? Der Präsident weiß, dass sein Kongress auch in den kommenden Jahren im Hinblick auf das Energie- und Klimathema gespalten bleibt, und es kein föderales Energie- und Klimagesetzespaket geben wird. Schlau ist er, denn er schiebt dem Kongress zunächst trotzdem den Ball zu: „If Congress won’t act soon to protect future generations, I will.“ Lasst uns also hoffen, dass Obama hier lieber früher als später die Geduld ausläuft, und er die Rolle seiner Exekutive neu erfindet und dazu nutzt, den Klimawandel und den Ausbau der Erneuerbaren Energien in den USA aktiv voranzutreiben.
(Foto von Scout Tufankjian for Obama for America, CC BY-NC-SA 2.0)