Trump manövriert die USA ins klimapolitische Abseits

Die USA steigen aus dem Klimaschutzabkommen von Paris aus. Das schadet den USA selbst.

Die Ankündigung von US-Präsident Trump dürfte die Leugner des Klimawandels und die Nationalisten in seinem Umfeld erfreuen. Doch der Ausstieg schadet nicht nur dem Klima, sondern auch den Vereinigten Staaten selbst. Ihr Päsident manövriert sie ins klimapolitische Abseits, wie ich in diesem Interview mit dem Deutschlandfunk erläutere.

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Susanne Schrammar: Am Telefon begrüße ich jetzt Arne Jungjohann. Der Politikwissenschaftler ist Experte für US-Klimapolitik, unterrichtet an der Universität Witten-Herdecke und hat für die Grünen-nahe Stiftung Heinrich Böll in Washington gearbeitet. Guten Abend.

Arne Jungjohann: Guten Abend, Frau Schrammar.

Schrammar: Wenn die größte Volkswirtschaft der Welt aus dem wichtigsten weltweiten Klimaabkommen geschlossen in Paris aussteigt, dann ist doch der Vertrag reif fürs Altpapier, oder?

Jungjohann: Soweit würde ich nicht gehen. Der heutige Tag markiert sicherlich eine Zäsur. Es schadet der USA, diese Entscheidung, und es schadet auch definitiv dem Planeten, denn die USA sind mit China zusammen der größte Verursacher des Klimawandels. Aber man muss auch sagen – und das zeigen die ersten Reaktionen von Regierungen eigentlich rund um die Welt –, dass Trump die USA damit ins klimapolitische Abseits manövriert. Wir haben mehr als 190 Staaten, die den Vertrag unterstützen, die ihn umsetzen wollen. Die USA sind nun neben Syrien und Nikaragua der dritte Staat, der quasi nicht an Bord ist. Man kann einfach oder man muss einfach feststellen, die Welt geht Richtung Erneuerbare Energien. Es gibt einen Umstieg auf den Klimaschutz, da ist einiges in Bewegung und die USA manövrieren sich so ins klimapolitische Abseits.

„Ein schlechter Tag für den Planeten“

Schrammar: Aber erreichbar wären die 2015 vereinbarten Ziele doch nur, so hieß es damals, mit einer sehr konsequenten und sofort begonnenen Klimaschutzpolitik, an der sich alle beteiligen, weil sich das Zeitfenster ja doch sehr schnell schließt.

Jungjohann: Das ist richtig. Der Klimaschutz als solcher ist natürlich ein Wettlauf gegen die Zeit. Wenn ich sage, der Wandel Richtung Erneuerbare Energien, der ist unterwegs, der ist aus meiner Einschätzung auch nicht mehr aufhaltbar, aber der ist natürlich verzögerbar und die Frage ist, schaffen wir es noch rechtzeitig die Emissionen so zu senken, dass wir die allerschlimmsten Ausmaße des Klimawandels verhindern können. Da spielen die USA in der Tat eine gewichtige Rolle und deshalb sagte ich auch, es ist ein schlechter Tag für den Planeten und das Weltklima, dass Trump nun diese Option zieht.

Aber man muss auf der Gegenseite auch sagen, dass Trump nur für einen kleinen Teil Amerikas steht. Wenn man runterschaut unterhalb der Washingtoner Ebene, dann sieht man, dass viele Bundesstaaten sich aufgemacht haben auch Richtung Erneuerbare Energien, zum Teil auch schneller die Erneuerbaren Energien zubauen, als wir das in Deutschland tun. Auch die ersten Reaktionen heute von den Gouverneuren in Kalifornien oder in Washington, die belegen, dass dort dann doch sehr viel Momentum ist und dass Trump auch mit der Art und Weise, wie er das Ganze ankündigt – das ist ja gerade auch im Beitrag vorher klar geworden –, dass das einfach Widerstand provoziert in den USA. Das betrifft einerseits die Gouverneure in diesen Bundesstaaten, auch die Demokraten natürlich, aber das sind zum Beispiel auch sehr viele Unternehmen, die davor warnen oder gewarnt haben, dass die USA diese Option ziehen soll. Selbst aus der Ölindustrie hieß es, man solle doch im Pariser Klimavertrag drin bleiben. Nicht zuletzt gibt es auch dort eine sehr starke Zivilgesellschaft, starke Umweltverbände, die auch alle rechtlichen Hebel in Bewegung setzen, um zu verhindern, dass unter Trump jetzt die Räder rückwärts gedreht werden.

Schrammar: Das heißt, Sie glauben an einen Aufstand der Vernünftigen in den USA?

Jungjohann: Ich glaube zumindest, dass auch diese Diskussion einfach positive Energie freisetzt und in gewisser Weise auch die progressiven Kräfte herausfordert, weiter nach vorne zu gehen, wenn eben auf der Bundesebene solch eine Klimaschikane organisiert wird.

„Geschenke an die Kohleindustrie“

Schrammar: Der US-Präsident hat heute in seinem Statement davon gesprochen, das Pariser Abkommen, das nutze nur anderen Ländern, habe 2,7 Millionen Jobs in Amerika gekostet, senke Löhne und habe den wirtschaftlichen Möglichkeiten der Vereinigten Staaten geschadet. Hat er Recht damit?

Jungjohann: Für mich war das gerade wie eine Märchenstunde, was ich mir da anhören musste von dem US-Präsidenten. Er hat Horrorszenarien von Jobverlusten an die Wand gemalt, die völlig unrealistisch sind. Das belegen auch sämtliche Praxisbeispiele, die wir kennen rund um die Welt. Er behauptet, dass die USA durch das Abkommen drangsaliert würden, obwohl es praktisch eine freiwillige Vereinbarung ist, „non legally binding“, und er behauptet, dass er sich für die Interessen der Amerikaner einsetzen würde. Aber mehr als 70 Prozent der Amerikaner wollen, dass Amerika bei diesem Klimavertrag an Bord bleibt. Der Herr hat gelogen, dass sich die Balken biegen, und in Wahrheit hat er heute Abend oder heute Nachmittag im Rosengarten Geschenke an die Kohleindustrie verteilt. Er hat die Klimaleugner bedient und auch die Nationalisten in seiner eigenen Regierung. Das sind die eigentlichen Profiteure von dieser Entscheidung und die eigentlichen Triebkräfte, die dahinter stecken. Denn ginge es Trump wirklich um mehr Arbeitsplätze in Amerika, dann würde er weiter auf die Solarkraft setzen, wo inzwischen heute doppelt so viele Beschäftigte sind wie im Kohlesektor. Und ginge es ihm um die Interessen Amerikas, dann würde er sich nicht zurückziehen von den internationalen Verhandlungen, weil die Amerikaner dadurch Einfluss verlieren werden. Und ginge es ihm um Wachstum in Amerika, dann würde er die Milliarden in eine ökologische Modernisierung lenken, weil das schafft Beschäftigung und sorgt für ein gutes Investitionsklima.

„USA haben ihre Interessen zum Teil gut durchsetzen können“

Schrammar: Der US-Präsident hat heute angekündigt, ein neues Abkommen aushandeln zu wollen, einen besseren Deal für Amerika. Werden die übrig gebliebenen Vertragspartner nach dem Ausstieg der USA mehr schultern müssen?

Jungjohann: Ob das wirklich gelingt, da einen neuen Verhandlungsprozess anzustoßen, das wage ich erst mal zu bezweifeln. Ich halte das für eine naive Vorstellung, dass die Amerikaner jetzt auf eigene Faust mit vielleicht einer Hand voll Staaten einen neuen Verhandlungsprozess beginnen. Man muss sich das noch mal vor Augen führen. Dieser Klimavertrag in Paris war nicht ein singuläres einmaliges Event, sondern der beruht auf zwei Jahrzehnten intensivster Verhandlungen eigentlich der Weltklimadiplomatie. Wie gesagt, mehr als 190 Staaten, die daran teilnehmen, und es ist der Versuch quasi, auch die Interessen dieser sehr verschiedenen Staaten alle unter einen Hut zu bekommen. Und jeder, der einmal dabei war bei diesen Verhandlungen, weiß, wie umfangreich und wie komplex diese Verhandlungen sind und deshalb auch so lange dauern, dass man sich auf einen gemeinsamen Nenner einigt. Das sind unheimlich schwierige zähe Verhandlungen und die kann man nicht mit einem einfachen Federstrich rückgängig machen oder einfach noch mal von vorne beginnen. Und selbst wenn das wirklich so wäre, wenn andere Staaten darauf einstiegen, dann würde es wieder ein so schwieriger langwieriger Prozess werden. Und letzter Punkt zu dieser Frage: Die USA haben in dem Prozess sehr stark ihre Interessen eingebracht. Sie sind ein sehr relevanter Verhandlungspartner gewesen in den letzten 10, 20 Jahren. Das heißt, sie haben Einfluss genommen auf den Vertrag, haben ihre Interessen da auch zum Teil gut durchsetzen können. Insofern ist das eine Mär, wenn er behauptet, der Vertrag würde die Amerikaner benachteiligen.

Schrammar: sagt Arne Jungjohann, Politikwissenschaftler und Experte für amerikanische Klimapolitik an der Universität Witten-Herdecke. Vielen Dank, dass Sie für uns Zeit hatten.

Jungjohann: Sehr gerne.

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Dieser Text erschien zuerst auf deutschlandfunk.de.

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